30.1.17 Von Zeit zur Zeit bitten wir die Projektleiterin Prem Dans um ein kurzes Portrait eines Kindes, seiner Herkunft, seiner Lebensumstände oder, falls es Prem Dan schon verlassen hat, seines weiteren Weges. Die Geschichte, die wir vor wenigen Tagen von Schwester Zelia erhielten ist nur ein paar Zeilen lang. Sie beschreibt das Leben von Sapna (13) und Roshni (11), ihrer drei Geschwister und ihrer Mutter, die unter schier unvorstellbaren Lebensumständen und Voraussetzungen für die Zukunft ihrer fünf Kinder kämpft.
Die Geschichte der Famile gleicht auf den ersten Blick dem typischen Schicksal verarmter Zuwanderer. Vor Jahren flüchtete die junge Familie vor extremer Armut und Perspektivlosigkeit auf dem Land nach Mumbai. Ihre Hoffnung auf Beschäftigung, ein festes Einkommen und ein sicheres Zuhause, zerschlug sich, wie bei den allermeisten Zuwanderen, schnell. Statt in Arbeit, einer kleinen Slumbehausung und mit Aussicht auf sozialen Aufstieg fanden sie sich in der aus allen Näten platzenden Megacity alsbald unter einer Plastikplane am Straßenrand wieder.
Wer als Zuwander nicht lesen oder schreiben kann, keine Ausbildung hat oder besondere Fähigkeiten mitbringt wird schnell von der brutalen Realität eingeholt, als Tagelöhner ausgenutzt oder von korrupten Beamten schikaniert. So auch die Familie von Sapnal und Roshni. Ungeschützt, rechtlos, ohne staatliche oder private Absicherung, illegal und dadurch nie sicher vor Gewalt und Willkür. Mehrmals musste die Familie Hals über Kopf ihren Verschlag am Straßenrand, hinter einer Fabrikhalle oder am Rande eines Slums räumen, weil Polizisten es auf die wenigen Habseligkeiten der Rechtlosen absahen oder Bulldozer anrückten. Der Vater der Kinder, seiner Träume und Hoffnungen beraubt, machte sich bald aus dem Staub. Als Alleinerziehende hält die Mutter heute die Familie durch den Verkauf von billigen Küchenutensilien notdürftig über Wasser, immer in der Angst vor städtischen Kontrolleuren, die die Ware von Verkäufern ohne (teure) Lizenz gerne mal für eigene Zwecke beschlagnahmen.
Bis heute hausen Sapna, Roshni und die drei kleineren Geschwister mit Mutter und Großmutter in einem winzigen Verschlag aus Plastikfolien am Rande einer Straße im zentralen Stadtteil Colaba. Dort hörte die Mutter glücklicherweise von Prem Dans Arbeit für Kinder aus den umliegenden Slums. Kurz darauf stellte sie in der Garden School ihre älteste Tochter Sapna vor. Und diesmal sollte ihre große und einzig verbliebene Hoffnung auf etwas Lebensglück und Zukunft nicht enttäuscht werden. Sepna wurde von Schwester Zelia ins Bildungsprogramm Prem Dans aufgenommen. Bei einem Besuch der, für die Sozialarbeit Prem Dans zuständigen Ordenschwester, wurde das Ausmaß der Notlage der Familie sichtbar. Sofortige Nothilfe war gefragt. Sepnas jüngere Schwester Roshni wurde aufgenommen, die nächst jüngere Schwester in die Kindergartenklasse aufgenommen und dem Bruder ein Platz an einer Jungenschule vermittelt. Prem Dan unterstützt die Familie darüberhinaus mit Lebensmitteln. Die Kinder erscheinen lt. Schwester Zelia immer pünklich und „neat and cleanly dressed“ zum Unterricht, zählen zu den strebsamsten und verlässlichsten Schülern ihrer Klassen. Auch wenn ihr Zuhause wegen der enorm gestiegenen Mieten und Immobilienpreisen in Colaba, immer noch ein Verschlag am Straßenrand ist und damit die Gefahr gerade für die heranwachsenden Mädchen Opfer von sexueller Gewalt immer gegeben ist, so ist die Familie eine „happy family“, dank Prem Dan und dank einer Mutter, die mit unglaublicher „determination and dedication“ – Entschlossenheit und Hingabe – für die Zukunft ihrer Kinder kämpft.