30.1.2017 Ein Drittel der Weltbevölkerung lebt laut einer UN-Studie ohne Toiletten und Latrinen. Eine weitere Milliarde Menschen verwendet zum Trinken und Kochen Wasser, das mit menschlichen und tierischen Fäkalien verseucht ist. In Asiens größtem Slum, Mumbais Elendsquartier Dahravi, kommt auf etwa 1400 Bewohner nur eine Latrine. Was sich hinter diesen Zahlen verbirgt, welche Auswirkungen die globale Wasserkrise auf den Alltag der Slumbewohner in Mumbai hat, wollen wir in der folgenden Hintergrundinfo andeuten.
Welch Gestank, welch unbeschreiblicher Gestank…..der erste, unter die Haut gehende Eindruck beim Besuch eines Armenviertels in Mumbai ist immer der gleiche. Es stinkt zum Himmel. Wir sind aus den Medien Bilder von hungernden, notleidenden Menschen ja fast schon gewohnt. Der fürchterliche Gestank aber, den ein Slum ausatmet, kann keine noch so gut gemachte Dokumentation vermitteln. Der Geruch nach Kloake und Fäkalien hält uns auch auf unserem diesjährigen Besuch im Reay Road Slum vor Augen (oder besser: in der Nase), was Armut und Elend im Alltag bedeutet. Was es bedeutet ohne Toilette, ohne Trinkwasser, ohne Kanalisation zu leben. Ein gutes Bild davon erhalten wir, als wir vor einer Slumhütte eines unserer Patenkinder ein Interview aufzeichnen. Von der unmittelbar angrenzenden Mauer des Seitenarms eines Hafenbeckens springen Kinder ins faulig braune Nass. Stolz führen sie uns Kopfsprünge und Salti vor. Ein paar Meter weiter kniet ein Erwachsener nieder und verrichtet seine Notdurf. Noch während wir versuchen diese Szenen zu filmen erscheint eine Frau, die Lebensmittelreste ins Wasser kippt und ihr Kochgefäß darin ausspült. Was sich uns hier offenbart, wiederholt sich weltweit millionenfach. Mit Fäkalien und Krankheiterregern verseuchtes Wasser wird zum Waschen, Trinken und Kochen verwendet. Aus diesem Grunde sterben jedes Jahr schätzungsweise zwei Millionen Kinder an Durchfall, sind weite Teile Afrikas, Lateinamerikas und Asiens von Erkrankungen wie Cholera und Typhus betroffen. In der Regenzeit verwandelt der Monsoonregen die engen Gänge der Slums in Flüsse aus Exkrementen. In diesem Fall, so berichtet uns Schwester Patricia, ist ein Übermaß an Wasser tragisch. Eine UN-Studie stellt richtig fest, dass das wahre Kennzeichen von Zivilisation und Fortschritt nicht in der Anzahl der Internetanschlüsse oder Autos zu sehen ist, sondern in der Verbreitung von Toiletten und Trinkwasseranschlüssen. Gemessen daran zählt Indien, trotz wirtschaftlichen Fortschritten, noch immer zu den unterentwickelsten Ländern der Welt. Regierung und Behörden räumen dem Problem nicht die Priorität ein, die nötig wäre, die verherenden Auswirkungen auf das Leben der Armen zu verringern. An den wenigen öffentlichen Wasserstellen steht Trinkwasser nur für wenige Stunden in der Woche zur Verfügung. Wollen die Slumbewohner ihre Plastikkanister außerhalb dieser Zeiten füllen müssen sie das kostbare Nass zu überzogenen Preisen kaufen. Bis zu einem Viertel des kargen Monatseinkommens müssen sie dafür aufbringen. Ein hoher finanzieller Aufwand für Trinkwasser, durch Schmutzwasser verursachte Krankeiten und die damit verbundenen Ausfallzeiten für den Ernährer der Slumfamilien, die hohe Kindersterblichkeit tragen u.a. dazu bei, dass die Menschen der Slums in der Unterentwicklung verharren. Natürlich kann auch das Team von Prem Dan an dieser Situation wenig ändern. Dennoch, im Kleinen kann viel bewegt werden. Sauberes Trinkwasser für die Kinder, Duschen und saubere Latrinen in den Slumschulen, sind eine wichtige Hilfsmaßnahme Prem Dans. Und, zurück zu unserem Besuch im Reay Road Slum, ganz unwahrscheinlich ist es ja nicht, dass der junge Adarsh, unser Interviewpartner von der Slumhütte an der Kaimauer, eines Tages eine eigene Toilette und einen Trinkwaseranschluss sein eigen nennt.
Hintergrundinfo: Trinkwasser – Gefangen in Kloaken