ultraschall mdchen

30.1.17 (veröffentlicht 05-2013) Vorsichtig fährt die Ärztin der Schwangeren mit dem Ultraschallscanner über den Bauch. Die Inderin weiß seit zwei Monaten, dass sie ein Baby erwartet- noch wissen sie und ihr Mann nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Der heutige Arztbesuch soll diese Frage klären, eigentlich. „Wenn ich dieser Mutter sage, dass sie ein Mädchen erwartet, verhänge ich ein Todesurteil“, sagt die Frauenärztin der Reporterin im Bericht der BBC und zeigt auf den Schirm des Ultraschallgeräts. Sie verzichtet darauf, wohl auch deshalb, weil die Kameras einen Gesetzesverstoß dokumentieren würden. Die vorgeburtliche Bestimmung des Geschlechts ist in Indien seit 1994 verboten.  Die Tradition und gelebte Praxis ist eine andere, eine für Mädchen mörderische.

Nur Söhne sichern die Altersversorgung der Eltern. Die Folge: Über 50 000 weibliche Embryos werden in Indien monatlich abgetrieben. Mobile Abtreibungskliniken bieten ihre illegalen Dienste überall im Lande an. 1000 Rupien (15€) kostet die Ultraschalluntersuchung. Wenig mehr die Ausschabung, 1200 Rupien eine illegale Abtreibungspille. Wenig im Vergleich zur Summe, die bei der Verheiratung einer Tochter fällig werden, da kommen leicht mehrere Hunderttausend Rupien zusammen. Werden Mädchen nicht schon im Mutterleib selektiert und getötet  so werden sie nach der Geburt häufig ausgesetzt oder vernachlässigt. Ihre Sterberate bis zum fünften Lebensjahr ist 75% höher als die von Jungen. In Indien fehlen heute ca. 50 Millionen Frauen. Auch deshalb haben die Vereinten Nationen Indien zum gefährlichsten Ort für Mädchen erklärt.

protes gegen unterdrckungDie Motive für die Morde entstammen nicht nur einem grausamen, hinduistischem, patriarchalischen Kulturerbe, der Mitgifttradition oder weitverbreiteter fehlender gesellschaftlicher Anerkennung von Frauen, sie entspringen auch einer modernen, materialistischen Einstellung. Gerade die Mittelschicht träumt von einer modernen Kleinfamilie,  einer schönen Wohnung, einem Auto und einem stolzen Sohn. Das Missverhältniss der Geschlechter ist nirgends so hoch wie in den Wohnvierteln der Mittelschicht. „Die Jungen bringen eben das Geld nach Hause“, erklärt der Vater auf die Frage der britischen Reporterin, warum denn das Geschlecht seines Kindes so von Bedeutung sei.

(Quellen: UNO Human Development Report 2013; Die Zeit #13/2013; Hamburger Abendblatt Mai 2012;BZ Berlin)

——————————————————————————————————————————————

Im letzten englischsprachigen Rundschreiben ( März 2013) von Schwester Zelia konnten Sie auch von den Aktivitäten Prem Dans im Rahmen des indischen Frauentages, des „Woman’s Day“, lesen. Der Einsatz für Frauen und Mütter ist seit jeher ein großes Anliegen Prem Dans. Im Rahmen des diejährigen Programms wurde den 275 teilnehmenden Slumbewohnerinnen an praktischen Beispielen u.a. die Bedeutung von Familienplanung, die Rolle einer guten Schulbildung für die Zukunft der Kinder, die Möglichkeiten selbst mit Minimaleinkommen ein paar Rupien für Notfälle zurückzulegen, nahegebracht. Die Teilnehmerinnen wurden ermutigt, ihre Kinder anstatt auf die Straße zum Betteln, in die Schule zu schicken, sich in Selbsthilfegruppen zu organisieren und Hilfe und Rat aktiv zu suchen. Schwester Louisa fasst das Ziel des „Woman‘ s Day“ und Prem Dans zusammen: “ Im Grunde geht es uns darum, das Selbstvertrauen der Frauen zu wecken, den Glauben an eigene ihre Fähigkeiten zu stärken und den Frauen Wege aufzuzeigen, die aus der Lethargie und der häufigen Unterdrückung durch ihre Männer und die Gesellschaft führen…“.

Wir haben die Projektleiterin Prem Dans um eine kurze Einschätzung zur Lage der Frauen in Mumbai gebeten. Hier Ihre Antwort im Original:

„….The situation in Mumbai, regarding women is still on the decline – especially in our rural areas. Unfortunately in the urban areas women are still not safe when alone either in their office or on the road, or after sunset.The situation seems worse in Delhi. In Bombay we have a number of men who do not think it is necessary to contribute to the household expenditure or the education of the children spending their earnings on drink or gambling.Through the years what has helped is education, meetings for the women to realise their role in the family and their responsibility towards the family. Speaking to them of developing confidence in themselves knowing their talents, interests and capabilities instead of depending on others.Helping women with self-help programmes which is one of the important issues of women’s day celebration.

Through the years we have seen the children of Prem Dan able to stand up for that which is good and noble and make something of their lives and family when they settle down in life…“ Sr. Zelia r.j.m.

no rape 2013 die zeitAls wir uns in Folge der abscheulichen Vergewaltigung und Mordes an einer indischen Studenten in Delhi begannen, uns genauer mit der Lage und Stellung der Frauen in Indien, der Gewalt gegen sie und Mädchen, zu  beschäftigen, ahnten wir nicht, wie weitverbreitet die Geringschätzung und sexuelle Gewalt gegen Frauen auch heute noch im  Wirtschaftswunderland  Indien verbreitet sind. Der Schock über die Gräueltat in Delhi führte zu wütenden Protesten in deren Folge endlich auch unzählige, bislang verschwiegene, Fälle zur Sprache kamen.

Wir fragen uns natürlich, ob unsere Hilfe, ob Prem Dan und das Vorbild der Ordensschwestern an der indischen Kultur der Geringschätzung etwas ändern können. Wir denken schon, zumindest im kleinen Maßstab. Die uns bekannten Lebensgeschichten ehemaliger Patenmädchen machen uns Mut. In ihren Familien scheint der in der indischen Gesellschaft notwendige Bewusstseinswandel und die Anerkennung der Rechte von Kindern und Frauen stattgefunden zu haben. Durch ihre Bildung haben sie Selbstbewusstsein und Lebensmut erlangt. Ihr Einkommen ist in der Regel höher als die des Mannes, ihre Stellung dadurch deutlich aufgewertet – eine gute Voraussetzung und Prävention gegen gesellschaftliche Unterdrückung und familiäre Fremdbestimmung.  Und die Jungen Prem Dans? Sie lernen ihre Klassenkameradinnen ernst zu nehmen, sie erleben dass Mädchen gleichberechtigt sind, genauso engagiert und strebsame ihre Talente zur Entfalltung bringen wie sie selbst, oftmals bessere Noten schreiben. Gute Voraussetzungen also, damit die Kultur der Geringschätzung von Frauen beendet wird.

Indien – Vom Makel eine Frau zu sein

Beitragsnavigation


Schreibe einen Kommentar